EIG002 Unendlich minus Unendlich

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Thomas Kahle

Einfache Fragen haben in der Mathematik manchmal überraschende Antworten. Ich diskutiere die Rechenaufgabe im Titel. Das kann man in der Welt der Monoide tun. Dort hat man irgendwelche Zahlen, die man nach den üblichen Regeln addieren kann. Hier ist es dann auch kein Problem eine „Zahl“ Unendlich zu haben, die die erwarteten Eigenschaften hat: Tut man noch etwas zu unendlich dazu, dann bleibt es unendlich. Aber will man unendlich abziehen, passiert etwas Seltsames.

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Automatisch generiertes Transkript (nicht geprüft)
Hey, was denkst du denn eigentlich? Was ist unendlich minus unendlich?
Ja, hallo zusammen. Hier ist der Eigenraum mit einer zweiten Folge. Schön, dass ihr
eingeschaltet habt. Hier ist Thomas Kahle aus Magdeburg. Ich bin Mathematiker und möchte
euch heute ein bisschen auf die Frage mitnehmen, auf die Suche nach der Antwort, nach der Frage,
was ist unendlich minus unendlich. Und die Frage, die habe ich quasi von einem Hörer bekommen oder,
sagen wir mal, innerhalb von meiner Familie, also genauer von meinem Sohn. Und Eltern könnten
vielleicht mit dieser Frage konfrontiert werden und das ist sozusagen, dieser Podcast kann jetzt
hier auch mal konkrete Hilfe im Leben mit Kindern geben und euch dabei ein bisschen helfen vielleicht.
Apropos Feedback und Hörerfragen. Ich habe jetzt auch eine Feedback-Adresse eingerichtet
auf meiner Homepage eigenpott.de. Pott natürlich mit D wie Podcast. Gibt es auch zu jeder Folge
eine Kommentarspalte. Also wenn ihr mir was schicken wollt anonym, dann schickt es an die
Feedback-Email-Adresse oder ihr könnt auch die Kommentarspalte benutzen und dann könnt ihr auch
die Kommentare von den anderen kommentieren und das will ich mal ausprobieren, wie das so läuft.
Genau, den Podcast findet ihr jetzt auch auf den gängigen Podcast-Suchmaschinen, also Apple
Podcasts oder in eurer Podcast-App könnt ihr das eingeben, aber kommentieren könnt ihr natürlich
nur auf der Homepage. Wenn ihr eine coole Podcast-App benutzt, zum Beispiel Overcast,
dann gibt es auch so kleine Kapitelmarken, dann könnt ihr zum Beispiel direkt immer zur
Mathematik springen oder die Hausmitteilung überspringen oder was auch immer mir da so
für Kapitel einfallen. Und generell könnt ihr mir auch Mathefragen schicken, wenn die irgendwie
lustig sind oder eine Konnotation haben, die mir gefällt, dann versuche ich da mal drüber
nachzudenken und das irgendwie zu verarbeiten. Ich bin mal gespannt. So, heute wollte ich aber
jetzt hier klären, ein für allemal, was ist unendlich minus unendlich? Wie kann Mathe diese
Frage beantworten? Also ich denke mal, heutzutage, wenn man so eine Frage hat und man ist jetzt nicht
selbst in der Algebra behandelt, würde man vielleicht erst mal im Internet recherchieren,
aber ich denke mal, ich habe das jetzt mal nicht gemacht, ich gehe jetzt einfach mal so ran mit
meinem Wissen aus meiner Ausbildung und habe da ganz neu darüber nachgedacht. Vermute mal, dass es
im Internet viele gute Antworten und Quatschantworten dazu gibt, aber die könnt ihr dann
recherchieren und mal Links dazu schicken. Also wir wollen unendlich minus unendlich rechnen. Ich
glaube, wir gehen erst mal ein paar mögliche Antworten durch. Also die erste Antwort, die man
vielleicht sofort sagen würde, 5 minus 5 ergibt 0, 7 minus 7 ergibt 0, 31 minus 31 ergibt 0, unendlich
minus unendlich ergibt 0. Ist doch plausibel, oder? Denn irgendwas minus irgendwas, ich habe das
gleiche und nehme das wieder weg, dann soll ich ja wohl 0 rausbekommen, habe ich irgendwie nichts
mehr. Aber irgendwie ist es ja doch anders mit unendlich, weil wir jetzt mal irgendwie an
Gummibärchen denken. Also ich denke bei sowas gerne an Gummibärchen. Sagen wir mal diese Haribo
Tropifrutti, die heißen bei uns in der Familie Papas Lieblingsgummibärchen. Also wir haben jetzt
einen unendlichen Stapel Gummibärchen und ich mache jetzt folgendes, ich nehme immer eins und das esse
ich und dann tue ich eins beiseite, das hebe ich mir für später auf und dann nehme ich eins, das esse
ich wieder und dann hebe ich mir wieder eins für später auf und wenn ich das unendlich lange mache,
dann habe ich unendlich viele gegessen, also abgezogen und unendlich viele liegen noch da,
die habe ich mir nämlich für später aufgehoben und dann habe ich also unendlich viele gegessen
von meinen unendlich vielen Gummibärchen, also habe ich ja irgendwie unendlich minus unendlich
gerechnet, oder? Und ich habe auch noch unendlich viele über, also ergibt unendlich minus unendlich
vielleicht unendlich? Das ist seltsam. Und dieses Seltsame, dem wollen wir jetzt mal ein bisschen
auf die Spur gehen. Es kann übrigens noch seltsamer werden. Man könnte zum Beispiel auch
fünf rausbekommen, wenn man das möchte. Das macht man ja genauso. Man nimmt diesen unendlichen Haufen
Gummibärchen und dann legt man sich erst mal fünf beiseite und dann isst man die restlichen auf und
dann hat man genau fünf rausbekommen. Und so kann man auch jede andere Zahl rausbekommen. Irgendwie
kann jetzt alles rauskommen. Also was denn nun? Null oder alles? Oder vielleicht sollte man auch
antworten, man darf unendlich minus unendlich gar nicht rechnen. Sowas gibt es nicht. Tja,
irgendwie ist Mathe da kaputt gegangen. Naja, wie es in Mathe immer ist, kommt es irgendwie
auf genaue Definitionen an. Merkt ihr vielleicht schon. Und so ist es hier auch. Müssen wir uns
erst mal überlegen, was unendlich ist. Ist aber nicht schwer. Ich arbeite hier mit dem,
was die Fachleute abzählbar unendlich nehmen, also genauso viel, wie es natürliche Zahlen gibt. Also
ich zähle meine Gummibärchen 1, 2, 3, 4. Das mache ich immer so weiter. Und wenn ich so einen
Haufen habe, der immer größer wird nach hinten, der geht immer weiter, da liegen immer noch
Gummibärchen, so dass ich da unendlich oft eins nehmen kann, dann ist das unendlich. Ich könnte
die aber auch durchzählen. Ich könnte sagen, das hier ist das Erste, was ich esse, das hier ist das
Zweite, was ich esse, das hier ist das Dritte, was ich esse. Und dann mache ich dann immer so weiter.
Werde halt nie fertig, aber das ist dann eben unendlich. Und weil ich die durchzählen kann,
nennen wir das abzählbar unendlich. Es gibt natürlich noch viele andere Unendlichs in der
Mathematik, noch größere, aber dieses ist das kleinste Unendlich. Das abzählbar unendlich.
Und das benutzen wir jetzt. Also wenn ich unendlich sage, meine ich immer dieses abzählbar
unendlich. Das haben wir schon verstanden. Die Frage ist jetzt, was ist dieses Minus? Oder
vielleicht sollte man irgendwie erst mal rechnen, was Plus ist. Also Plus von Zahlen kennen wir ja
alle. Wir nehmen irgendwie zwei Zahlen, addieren die und dann kommt irgendeine neue Zahl raus und
das korrespondiert dazu, Dinge zusammenzuzählen. Also ich habe drei Stühle in der Küche und im
Wohnzimmer habe ich noch vier Stühle. Und dann, wenn ich die alle ins Wohnzimmer räume, habe ich
sieben Stühle im Wohnzimmer. Und das wird irgendwie durch die Zahlen abstrahiert. Drei
plus vier ergibt sieben. Und da kann ich dieses Unendlich eigentlich ziemlich leicht einbauen.
Also unendlich. Jetzt ist noch eine neue Zahl. Die hat aber eine komische Eigenschaft. Denn
wenn ich schon unendlich viele habe, ich nehme jetzt noch fünf dazu, habe ich immer noch unendlich.
Das hat irgendwie so eine absorbierende Eigenschaft. Unendlich plus irgendwas ergibt
immer unendlich. Das saugt irgendwie so alles rein. Egal, was ich dazu addiere, kommt immer
unendlich raus. Um mit so einem Unendlich zu rechnen, braucht man eigentlich gar nicht so viele
Zahlen. Es gibt ja noch ein ganz natürliches Beispiel, wenn man zum Beispiel nicht so viele
Zahlen kennt. Vielleicht, wenn man noch klein ist. Da kennt man vielleicht nur null. Man hat
null Gummibärchen. Eins. Man hat ein Gummibärchen. Zwei. Man hat zwei Gummibärchen. Und ab drei ist
viele. Mehr als drei ist viele. Und da kann man auch rechnen. Kann man auch plus rechnen. Eins
plus eins ergibt zwei. Wenn ich ein Gummibärchen habe und noch eins kriege, habe ich zwei. Und
wenn ich zwei habe und ich kriege noch eins dazu, drei kenne ich noch nicht, dann habe ich viele
Gummibärchen. Wenn ich viele Gummibärchen habe, kriege ich noch viele dazu, habe ich immer noch
viele Gummibärchen. Genau. So kann man mit 0, 1, 2 viele, kann man auch mit diesen vier Zahlen,
kommt man eigentlich im Bereich Gummibärchen auch ganz gut durchs Leben. In der Mathematik
nennen wir das ein Monoid. Ein Monoid ist irgendwie eine Menge, mit der man rechnen kann, in der man
plus rechnen kann. Und in so einem Monoid kann es auch so ein unendlich, so ein absorbierendes
Element geben. Gar kein Problem. Das Wichtigste ist aber, dass man in so einem Monoid nur plus
rechnen kann. Also Minus haben wir jetzt noch nicht diskutiert. Da müssen wir irgendwie erst
noch hinkommen. Minus soll ja irgendwie die Umkehrung von Plus sein. Also Minus ist irgendwie
so etwas wie, wenn ich eins dazu addiere, habe ich eins mehr und wenn ich eins abziehe, habe ich eins
weniger wieder. Also die Umkehrung von der Addition. Und da sind wir dem Ganzen schon auf der Spur,
weil die Umkehrung von der Addition von unendlich, die wird uns da so ein bisschen Kopfzerbrechen
bereiten. Wenn man Mathe studiert, lernt man irgendwie dieses Minuszeichen übrigens als
Kurzschreibweise kennen. In der Schule, ich weiß es nicht genau, ob es wirklich stimmt, aber meine
Erinnerung ist so ein bisschen so, haben wir vier Rechenoperationen, oder? Also am Anfang vier
Grundrechenoperationen plus, minus, mal, geteilt. Und dann kommt man ins Studium. Ganz natürliche
Entwicklung. Ja, man ist erstmal in der Schule und dann ist man im Mathestudium auf einmal,
ohne dass man es gemerkt hat. Und im Mathestudium gibt es nur noch zwei Rechenoperationen. Also
in so Algebra-Vorlesungen hat man einen Ring. Da gibt es nur Plus und Mal. Und das andere sind
nur Kurzschreibweisen. Minus ist eine Kurzschreibweise für die Umkehrung der Addition.
Und dazu brauchen wir immer so ein inverses Element. Also was ist eigentlich Minus 2? Das
hat nämlich auch mit den negativen Zahlen zu tun. Also wenn wir nur die natürlichen Zahlen haben,
dann erfinden wir uns jetzt noch negative Zahlen dazu, um das abzubilden, um die Verbindung zwischen
der Addition und der Subtraktion herzustellen oder die Subtraktion erstmal zu definieren, können wir
uns auch negative Zahlen definieren. Wir könnten einfach sagen, Minus 1 ist die Zahl, die, wenn ich
noch 1 dazu addiere, 0 ergibt. Minus 1 plus 1 ergibt wieder 0. Und genau so ist Minus 2 plus 2
ergibt auch 0. Das erinnert mich an diesen alten Witz, wo der Matheprofessor vorm Hörsaal steht,
und da sieht er drei Studenten reingehen und dann sieht er fünf Studenten rauskommen und dann sagt
er, wenn jetzt noch zwei reingehen, dann ist wieder leer. Und genau so funktioniert das mit
den negativen Zahlen. Die negativen Zahlen sind einfach Elemente, die, wenn ich die korrespondierende
positive Zahl dazu addiere, dann 0 ergeben. Und so könnte man es ja in unserem Monoid mit dem
Unendlich auch mal versuchen. Bevor wir das machen, können wir noch mal über das Minus nachdenken,
wenn wir zwei unterschiedliche Zahlen haben. Also 7 minus 5 ist eine Kurzschreibweise für 7 plus
das Inverse von 5. 7 plus das, zu dem ich 5 dazu addieren muss, damit ich 0 rausbekomme. Und das
ist eben 2. Also unser Gehirn ist schon so aufgestellt, dass wir das alles schnell ausrechnen
können. Aber man könnte es jetzt nachprüfen, indem ich zum Beispiel noch 5 dazu addiere. Und dann
bekomme ich 7 raus. Also suche ich die Zahl, zu der ich 5 dazu addieren muss, um 7 rauszubekommen
und komme dann auf die 2. Also 7 minus 5 ist eine Kurzschreibweise für 7 plus minus 5. Ja, haben wir
das Pluszeichen gespart. So, aber jetzt wollen wir zum Minus Unendlich. Also wir wären jetzt doch
wieder bei unserer ersten Antwort. Also Minus Unendlich soll irgendwie das Ding sein, dass,
wenn ich Unendlich dazu addiere, dass dann 0 rauskommt. Unendlich minus Unendlich ist ja
vielleicht sowas wie Unendlich plus dieses Minus Unendlich, was wir jetzt gerade neu definieren
wollen. Schreibe ich also mal das so hin und überlege, was daraus folgt. Also ich habe jetzt
mir dieses neue Element Minus Unendlich ausgedacht und es hat diese Eigenschaft. Aber da komme ich
jetzt auf lauter kleine Widersprüche. Oder nicht, kleine Widersprüche. Ich nenne es mal
Kuriositäten. Also man kann das schon machen und wir haben auch noch nichts falsch gemacht. Wir
haben uns nur gewünscht von unserer Mathematik. Mathematik ist manchmal auch so ein Wunschkonzert.
Man macht eine Definition, man definiert sich, was man haben möchte und dann schaut man mal,
was passiert. Man kann sich erstmal was definieren. Manchmal, wenn man Quatsch definiert hat,
dann gibt es das eben nicht. Also man schreibt sich eine Wunschliste. Eine Definition ist wie
so eine Wunschliste von einem mathematischen Objekt. Und so haben wir das jetzt auch so ein
bisschen gemacht. Wir haben uns jetzt gewünscht, dass es noch so ein Minus Unendlich gibt und dass
es die Eigenschaft hat, dass wenn ich Unendlich dazu addiere, dass dann Null rauskommt. Und das
haben wir uns gewünscht in unserem Monoid. Also in unserer Zahlen mit Unendlich, die wir mit Plus
addieren können. Struktur. So macht man es eigentlich oft in der Mathematik. Also man hat
eine Definition, die wünscht sich irgendwelchen Objekt mit irgendwelchen Eigenschaften und wenn
man dann das gut gemacht hat, dann gibt es das und dann kann man das studieren oder vorausfinden,
was es da alles für Dinge gibt, die diese Definition erfüllen. Und wenn man es falsch
gemacht hat, dann gibt es eben keine, die das erfüllen. Und hier gibt es das aber. Es gibt ein
Monoid, in dem es dieses Minus Unendlich gibt. Es hat nur komische Eigenschaften. Und um so eine
komische Eigenschaft jetzt mal zu sehen, schreibe ich mir einfach mal eine Gleichung hin. Gleichung
gibt es natürlich auch. Eine Gleichung, die gültig ist, ist Unendlich ist das gleiche wie Unendlich.
Stimmen wir vielleicht überein. Also in unserem Monoid, da haben wir Gleichung und Plus und jetzt
unser neues Minus Unendlich Element. Und da gilt die Gleichung Unendlich gleich Unendlich, weil
jedes Ding ist gleich sich selbst. Und wenn ich eine wahre Gleichung habe, kann ich auch auf beiden
Seiten die gleiche Rechenoperation machen, bleibt es immer noch eine wahre Gleichung. Das ist auch
so eine Grundtatsache der Mathematik. Wenn ich eine Gleichung habe und ich mache auf beiden Seiten
die gleiche Operation, dann bleibt es gleich. Also addiere ich mal auf beiden Seiten eine 1 dazu.
Da steht auf der linken Seite von der Gleichung Unendlich plus 1, auf der rechten Seite steht
auch Unendlich plus 1. So und jetzt mache ich was. Auf der linken Seite nutze ich mein Rechengesetz,
dass Unendlich plus 1 gleich Unendlich ist. Und dann steht da, Unendlich ist das gleiche wie
Unendlich plus 1. Auf der rechten Seite mache ich das nicht, diese Vereinfachung. Und jetzt addiere
ich mein Minus Unendlich dazu. Dann steht auf der linken Seite Unendlich minus Unendlich. Das ergibt
0. Also auf der linken Seite steht 0. Auf der rechten Seite steht Unendlich plus 1 minus Unendlich.
Und mein Pluszeichen hat die Eigenschaft, dass ich die beiden Operanten vertauschen kann.
Und Assoziativ ist es auch. Ich kann es in irgendeiner Reihenfolge ausführen. Also ist das
so was wie 1 plus Unendlich minus Unendlich. Und das plus Unendlich minus Unendlich vereinfache ich
zu 0. Und da steht auf einmal 0 gleich 1. Also habe ich jetzt gezeigt, dass 0 gleich 1 ist. Also ich
habe mir mein Unendlich, nur dadurch, dass ich mir mein Minus Unendlich gewünscht habe, ist in meinem
Monoid jetzt 0 gleich 1. Das ist ein Satz, habe ich gerade bewiesen. Also ich habe euch nicht
reingelegt. Das ist jetzt kein Quatsch, sondern es ist jetzt eine Konsequenz von unserem Wunsch. Eine
Konsequenz von unserem Wunsch, dass es Minus Unendlich gibt, ist, dass 0 gleich 1 ist. Als
kleine Übungsaufgabe merkt ihr natürlich sofort, dass wir das mit jeder Zahl machen können. Kann ich
auch mit der 5 machen. Addiere ich 5 auf beiden Seiten der Gleichung Unendlich gleich Unendlich
und subtrahiere wieder Unendlich. Nachdem ich es einmal Unendlich plus 5 zu Unendlich vereinfacht
habe, dann kriege ich 0 ist gleich 5. Also alles, was ich in diesem Monoid habe, kann es auch mit
Unendlich machen. Unendlich plus Unendlich gleich Unendlich plus Unendlich. Auf einer Seite schreibe
ich Unendlich plus Unendlich gleich Unendlich. Dann subtrahiere ich wieder Unendlich. Dann steht da 0
ist gleich Unendlich. Also einfach nur dadurch, dass ich mir Minus Unendlich gewünscht habe und
die Rechenregeln für dieses Minus Unendlich befolge, kommt auf einmal raus, dass es in meinem
Monoid nichts anderes gibt außer 0. Alle sind gleich 0. Und das ist wahr. Das ist so. Also ich
kann mir aussuchen, ob in meinen Rechenoperationen, wenn ich mir ein Minus Unendlich wünsche, wenn ich
mir das so definiere und das konsistent sein soll mit der Addition, dann gibt es auf einmal gar
keine Zahlen mehr. Dann schrumpft alles zusammen zu 0. Dann ist 0 gleich 1 und 0 ist auch gleich
jede andere Zahl. Es gibt nur noch 0. Selbst Unendlich. Unendlich selbst ist auch 0. Und es
hat immer noch diese absorbierende Eigenschaft. Wenn es nur 0 gibt, dann hat 0 die Eigenschaft
0 plus irgendwas ist 0, weil das einzige irgendwas, was ich da einsetzen kann, ist 0. Es gibt nur noch
0. Okay. Raucht euch auch der Kopf. Mir raucht auch der Kopf. Aber vielleicht konntet ihr so ein bisschen
mitrechnen. Und ich hoffe, ich habe keine Fehler begangen, sondern ich habe gezeigt, dass der Wunsch,
die Definition, ein negatives Element zu Unendlich zu haben, so ein Minus Unendlich zu haben, um
Unendlich Minus Unendlich rechnen zu können, führt dazu, dass es gar keine Zahlen mehr gibt in meinem
Monoid, in meinem Rechensystem. Das heißt Unendlich Minus Unendlich ist 0, wenn ich mir das so wünsche.
Weil es gar nichts anderes sein kann. Denn wenn ich Unendlich Minus Unendlich rechnen will, dann
gibt es nur noch 0. Das ist jetzt mal meine Antwort. Dieser Prozess, den man gemacht hat, der ist noch
viel allgemeiner. In der Mathematik nennen wir den Lokalisierung. Ist eigentlich komisch, klingt
irgendwie so nach Geometrie. Kommt auch aus der Geometrie. Ist etwas, was aus der Geometrie wieder
in die Algebra zurück importiert wurde. In der Geometrie hat es was mit Feststellen eines Ortes
oder rein zoomen auf einen Ort, also dem, was man unter Lokalisierung versteht, zu tun. Dieses
Hinzufügen von negativen Elementen. Und das ist der gleiche Prozess. Der macht eben aus den
natürlichen Zahlen die ganzen Zahlen, indem ich die negativen Elemente noch hinzunehme. Und der
macht auch aus den ganzen Zahlen die rationalen Zahlen. Also wenn ich bezüglich der Multiplikation
lokalisiere, also wenn ich noch die Inverse, wenn ich die Multiplikation erweitere um eine
Division, dann nenne ich das auch Lokalisierung. Und so entstehen die rationalen Zahlen, die Brüche
aus den ganzen Zahlen auch durch Lokalisierung, aber dann entsprechend bezüglich der Multiplikation.
Und wichtig, naja, für die Fans, also wichtig ist eben, dass die entscheidende Eigenschaft,
die dieses Unendlich-Zeichen nicht hat, die hier alles kaputt macht, ist, dass, wenn ich Unendlich
dazu addiere, dass es verschiedene Zahlen gibt, die, genau genommen alle Zahlen, die, wenn ich
die mit Unendlich zusammen addiere, dass dann wieder Unendlich rauskommt. Ansonsten ist es
eben so, dass die Addition immer umkehrbar ist. Also wenn ich 7 plus 5 rechne, dann kann ich wieder
minus 5 rechnen und dann kommt wieder die 7 raus. Die 7 ist eindeutig festgelegt, wenn ich plus 5 und
minus 5 rechne, dann habe ich meine 7 wieder. Die Addition von 5 ist umkehrbar, die Addition von
Unendlich ist aber nicht umkehrbar, denn wenn ich 7 plus Unendlich rechne, dann kommt Unendlich raus,
habe ich meine 7 vergessen. Die 7 ist weg, die ist absorbiert und diese Nicht-Injektivität der
Addition, wie man sagt, steht der Invertierbarkeit im Weg. So und jetzt möchte ich mal wissen von
euch, ist das eine befriedigende Antwort für ein Erste-Klasse-Kind? Das könnt ihr mir jetzt mal in
die Kommentare schreiben. Oder ist es eine befriedigende Antwort für überhaupt irgendwen?
Es gibt natürlich noch viel mehr Aspekte von dieser Frage. Also ich bin gar nicht eingegangen
auf die Definition von Zahlen. Was sind überhaupt die Zahlen? Also man kann immer noch weiter buddeln
und zu noch tieferen Schichten in den Definitionen vordringen und sich erst mal fragen, was ist eine
Zahl und dann bei der Definition von Unendlich noch weiter buddeln. Aber wenn man jetzt auf rein
rechnerischer Ebene, wie funktioniert die Addition, wie funktioniert das Rechnen, argumentiert, dann
kann man darauf kommen, dass der Wunsch, dass ein Minus-Unendlich existiert, eben dazu führt,
dass es alles kollabiert und es keine Zahlen mehr gibt. Man kann sich also zurechtfragen,
was kann Mathematik zu so einer praktischen Frage wie, was ist Unendlich, Minus-Unendlich beitragen?
Ich denke, die Antwort kann eigentlich nur sein, dass es ein formales System gibt, in dem man die
Frage zumindest diskutieren kann. Die Antwort, die man bekommt, ist vielleicht keine Antwort. Sie
hängt davon ab, welche Entscheidungen man unterwegs trifft, wie man etwas formalisiert und da kann es
durchaus verschiedene Möglichkeiten geben. Aber in jedem Fall stellt sie einem mit dem Handwerkszeug
der Logik Möglichkeiten bereit, richtig zu argumentieren und Konsequenzen von bestimmten
Abstraktionen zu erkunden, Fragen zu beantworten, wie was passiert, wenn. Wenn ich gerne möchte,
dass das und das und das gilt, was für Konsequenzen habe ich dann noch? Was leitet sich daraus ab? Und
dann muss man irgendwann einfach mit der Realität leben. Ja, so würde ich das vielleicht ausdrücken.
Es ist ein formales System, in dem man die Konsequenzen von Definitionen erkunden kann,
was man dann daraus macht für seine unendlichen Ansammlung von Gummibärchen? Das ist wieder eine
andere Frage. Also die Frage der Bedeutung von mathematischen Resultaten in der Realität. Aber
ja, da selbst die produktive Haribo-Fabrik keine unendlich vielen Gummibärchen zur Verfügung
stellen kann und ich auch nicht unendlich viele essen kann, stellt sich die Frage vielleicht nicht.
Okay, das war es dann soweit zu unendlich minus unendlich. Ich hoffe, es hat euch ein bisschen
gefallen und ihr schaltet auch nächstes mal wieder ein und ich freue mich schon drauf. Bis bald!

1 Anmerkung zu “EIG002 Unendlich minus Unendlich

  1. MCBuhl

    Hmmm, wenn ich auf der einen Seite („unendlich“+1=“unendlich“) setze, muss ich das nicht auf der anderen Seite auch tun? Daraus folgte ja („unendlich“-„unendlich“=0).
    Mein Argument ist die Symmetrie.

    Antworten

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