Als progressiver Podcast widmen wir uns in dieser Folge den arithmetischen Progressionen. Das sind aus der Grundschule bekannte Zahlenfolgen, in denen die Zahlen immer den gleichen Abstand haben, also z.B. 1,4,7,10,… Solche Folgen zu finden ist nicht schwer, aber Mengen von natürlichen Zahlen zu konstruieren, die keine solchen Folgen enthalten, ist irre schwer! Z.B. die Primzahlen enthalten arithmetische Progressionen beliebiger Länge! Bis zu diesem Durchbruch von Green und Tao war es aber ein langer Weg.
- Folge A003002
- Folge A065825
- On certain sets of integers (K. Roth)
- Klaus Roth (Wikpedia)
- The Greene-Tao theorem
- PrimeGrid
- 27 Primzahlen in arithmetischer Progression
- Improved bounds for Szemerédi’s Theorem
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Automatisch generiertes Transkript (nicht geprüft)
6, 3, 6, 7, 6, 2, 8.
So, hallo zusammen, ich begrüße euch zu einer neuen Folge Eigenraum Nummer 42,
zu der es jetzt endlich, endlich gekommen ist, nach einer etwas längeren Wartezeit,
die mit meinen anderen mit Verpflichtungen zu tun hatte,
aber die Themen staunen sich und möchten gepodcastet werden und das will ich
jetzt auch mal wieder tun.
Ich begrüße alle neuen Hörerinnen und Hörer da draußen, falls es welche gibt
und ihr das jetzt hier zum ersten Mal hört. Willkommen beim kleinen Mathe-Podcast.
Mein Name ist Thomas Kahle, ich podcaste aus Magdeburg an der Elbe und mache
das hier, weil ich denke, dass es nicht genug Mathe-Podcasts gibt,
aber schöne Ideen, über die man hier reden kann.
Und heute möchte ich euch etwas über arithmetische Progressionen erzählen.
Arithmetische Progressionen, das sind die einfachsten Folgen von natürlichen
Zahlen, die man so hinschreiben kann nach einem bestimmten Muster.
Man fängt einfach irgendwo an, sagen wir mal bei der 17, und springt dann immer
um den gleichen Betrag weiter, zum Beispiel 4.
Und dann ergibt sich eine Zahlenfolge, die würde in diesem Fall lauten 17, 21, 25, 29 und so weiter.
Wer sich an seine Grundschulzeit erinnert oder selber Grundschulkinder hat,
kennt diese Art von Aufgaben vielleicht, bei der man dann zum Beispiel die Sprungweite
bestimmen muss oder aufschreiben muss, wie die Folge weitergeht,
um seine grundlegenden Rechenfertigkeiten zu üben.
Und die Mathematik wäre nicht die Mathematik. wenn man aus so einer banalen
Struktur nicht auch ein schwieriges mathematisches Problem machen könnte.
Und darüber möchte ich heute mal reden. Was ist eigentlich die kleinste Anzahl
an Zahlen, an der man so eine Regelmäßigkeit erkennen könnte?
Ich sage mal drei. Also wenn man drei Zahlen vor sich sieht,
dann hat man ja zwei Abstände zwischen der ersten und der zweiten Zahl und zwischen
der zweiten und der dritten Zahl.
Und man kann sagen, ob diese zwei Abstände eben gleich sind oder nicht.
17, 21, 25 sind eine ganz kleine, mit nur drei Zahlen, arithmetische Progression, wie ich das nennen will.
Ziemlich kurz, aber ist es, weil der Abstand eben 2 mal 4 ist.
Von 17 bis 21 ist 4 und von 21 bis 25 ist auch 4. Aber 17, 21,
24 sind eben keine arithmetische Progression.
Also ich spreche jetzt erstmal über einfach nur solche drei Term arithmetischen Progressionen.
Ich nenne die einfach jetzt mal kurz Drei-Term-Progression. Und das ist der
technische Begriff dafür, für drei Zahlen, die in regelmäßigen Abständen folgen.
Und das schwierige mathematische Problem ist nicht so eine Drei-Term-Progression
zu finden, sondern eine Menge zu finden von Zahlen, die keine solche Drei-Term-Progression enthält.
Also so ein Umkehrproblem. Ich möchte Zahlen möglichst unregelmäßig auswählen,
So, dass eben nie so eine Dreitermprogression vorkommt, egal welchen Startpunkt
ich wähle und egal welchen Abstand ich wähle.
Sagen wir mal, ich will nur kleine Zahlen betrachten. Also damit wir ein bisschen
mitrechnen können, sagen wir mal Zahlen kleiner als 10.
Wir betrachten jetzt nur die ersten 10 natürlichen Zahlen, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10.
So, darin hat man sicher drei Termprogressionen, mehrere, zum Beispiel 1,
3, 5 oder auch 1, 2, 3 oder 1, 4, 7 oder 1, 5, 9. Der Abstand ist völlig egal
und es gibt mehrere solche kurzen Dreitermprogressionen.
Und mein mathematisches Problem ist jetzt, ich möchte möglichst wenige der Zahlen
von 1 bis 10 verbieten, sodass dann aber alle Dreitermprogressionen unmöglich werden.
Ich kann zum Beispiel sieben Zahlen verbieten, sodass nur noch drei überbleiben.
Das geht. Wenn ich zum Beispiel nur noch die 1, die 2 und die 6 habe,
dann sind diese drei Zahlen keine Dreitermprogression und in dieser Teilmenge,
die nur aus 1, 2, 6 besteht, gibt es auch keine Dreitermprogression.
Ich kann auch noch eine vierte Zahl dazu tun, zum Beispiel 1,
2, 6 und 7 sind vier Zahlen, die alle unter 10 liegen und auch diese vier Zahlen
enthalten keine Dreitermprogression.
Wie würdest du das eigentlich nachprüfen? Also komm auf das Problem zu entscheiden,
ob es da eine Dreitermprogression unter diesen vier Zahlen gibt.
Da kann man einen kleinen Trick anwenden, um zu testen, ob das so ist.
Betrachtet man die Mitten zwischen zwei Zahlen.
Zwei von den drei Zahlen in dieser Progression müssen ja die äußeren sein und eine in der Mitte.
Und wenn jetzt zum Beispiel 1 und 6 die äußeren sind, dann geht das gar nicht,
weil der Abstand zwischen 1 und 6 5 ist.
Also 5 ist eine ungerade Zahl, deswegen gibt es gar keine natürliche Zahl,
die von 1 und 6 den gleichen Abstand hat und dazwischen liegt.
Und deswegen ist das Paar 1,6 schon mal nicht das äußere Paar von einer Dreitermprogression.
Der Abstand zwischen den äußeren Zahlen so einer Dreitermprogression muss also gerade sein.
Also bei 1 und was hatte ich jetzt nochmal? 1, 2, 6, 7 hatte ich eben um.
Bei 1, 7 wäre es also gerade, aber die Mitte ist 4.
Von 1 bis 4 sind es 3 und von 4 bis 7 sind es auch 3.
Aber die 4 ist aber nicht in meiner Menge dabei, weil ich ja nur 1,
2, 6, 7 ausgewählt habe. Bei 2, 6 ist es genauso, wäre auch die Mitte 4.
Es sieht schon also ziemlich optimal aus. Dieses 1, 2, 6, 7 sind also vier Zahlen,
die keine Dreitermprogression enthalten.
Kann ich auch fünf Zahlen auswählen, sodass ich keine Dreitermprogression habe?
Durch die Mitten habe ich ja oben schon ausgeschlossen, dass ich die 5 hinzufügen
kann und die 4 hinzufügen kann. Einen Moment.
Durch die Mitten habe ich ausgeschlossen, dass ich die 4 hinzufügen kann.
Und die 5 kann ich sicher nicht hinzufügen, weil ich ja 6 und 7 drin habe.
Und 5, 6, 7 wären einfach aufeinanderfolgende Zahlen.
Deswegen kann ich die 3 auch nicht hinzufügen, weil ich 1 und 2 dabei habe.
Hätte ich immer aufeinanderfolgende Zahlen.
Also 3 kann ich nicht hinzufügen, 4 kann ich nicht hinzufügen,
5 kann ich nicht hinzufügen.
8 geht auch nicht aus dem gleichen Grund, weil dann hätte ich ja 6, 7, 8. bleibt noch die 9.
Wenn ich sie hinzufüge, habe ich also jetzt 1, 2, 6, 7, 9.
Und man kann jetzt überprüfen, ihr könnt jetzt mal Stop drücken,
wenn ihr wollt, und das ausprobieren mit meiner Methode der Mitten,
dass ihr auch da keine Dreitermprogression finden könnt.
Also man kann fünf Zahlen auswählen, zum Beispiel 1, 2, 6, 7,
9, und herausfinden, dass dort keine Dreitermprogression dabei ist.
Leider kann ich jetzt die 10 nicht mehr hinzufügen, denn sonst wäre 2, 6, 10 so eine Folge.
Man kann überhaupt keine sechste Zahl mehr hinzufügen. Also die korrekte Antwort
ist 5. 5 Zahlen ist das Maximum.
Wenn ich 6 Zahlen auswähle von den ersten 10 natürlichen Zahlen,
gibt es darin immer eine 3-Term-arithmetische Progression.
Wir haben also die Grenze erreicht und unser kleines Problem jetzt gelöst.
Also wenn ihr befreundete Grundschulkinder habt, die sich gerade damit beschäftigen,
mit so arithmetischen Progression, dann könnt ihr denen ja mal dieses Problem stellen.
Wenn ich jetzt bis zur 11 gehen würde, könnte ich dann eine sechste Zahl hinzufügen?
Stellt sich raus, ja.
Die 11 passt aber nicht in unsere Menge rein. Oh je, also ich hatte eben 1,
2, 6, 7, 9 gewählt als 5 Zahlen.
Wenn ich jetzt noch die 11 dazunehme, habe ich ja 7, 9, 11 da drin.
7, 9, 11 hat Abstand 2, Abstand 2, das ist verboten.
Aber man kann am Anfang nochmal was ändern. Wenn ich statt der 6,
7 die 4, 5 nehme und das Spiel dann weitermache,
dann kann ich herausfinden, dass wenn ich 1, 2, 4, 5, 10, 11 nehme,
dass ich dann sechs Zahlen habe, die alle höchstens elf sind,
und nie sind drei von denen in so einer arithmetischen Progression.
Okay, also wir haben eine ganze Familie von Rätseln erhalten und da steckt schon
einige Schwierigkeiten drin.
Also die Schwierigkeit des Problems kommt zum Beispiel daran,
dass man nicht immer, wenn man ein gutes Beispiel für zehn gefunden hat und
ein gutes Beispiel für elf sucht, dass man nicht immer sein gutes Beispiel,
was man für zehn gefunden hat, einfach fortsetzen kann.
Man muss eventuell am Anfang noch mal etwas ändern oder neu anfangen,
um zu einer optimalen Lösung zu kommen.
Also treten wir mal einen Schritt zurück. Was ist jetzt hier eigentlich das
mathematische Problem?
Wir haben da eigentlich wieder so eine Art Naturkonstante entdeckt,
also eine ganze Familie von Naturkonstanten sogar,
denn für jede Schranke n, also betrachte ich die ersten n natürlichen Zahlen
und dann frage ich mich, wie viele Zahlen k kann ich von diesen n natürlichen
Zahlen auswählen, maximal,
sodass meine Menge von k Zahlen keine dreitermarithmetische Progression enthält.
Oder ich kann das Problem auch umdrehen, wenn ich unbedingt eine Menge mit k
Zahlen haben will, die keine dreitermarithmetische Progression enthält.
Wie groß muss ich dann die Schranke n wählen, damit so eine Menge hier reinpasst.
Was ist also das kleinste n, das so eine Menge zulässt?
Und diese zwei Zahlenfolgen, also das größte K in Abhängigkeit von der Schranke
N oder die kleinste Schranke N in Abhängigkeit von der Größe meiner Menge K,
stehen natürlich in unserer allerliebsten Webseite der Online-Encyclopädie der
Zahlenfolgen OIIS und ich verlinke euch die entsprechenden Folgen.
Die erste Variante hat übrigens eine verführerisch kleine Zahl, die 3002.
Folge in der OIS. Das bedeutet vermutlich, bin mir nicht ganz sicher,
dass sie schon enthalten war in der OIS, als die OIS noch die EIS war.
Also noch nicht online, keine Webseite, sondern ein Buch.
Das ist ja die Geschichte der OIS, dass sie ursprünglich mal ein Buch war.
Man kann jetzt immer noch die besten Folgen als Buch kaufen,
aber es empfiehlt sich natürlich die Webseite.
Ja, so apropos OIS, man kann immer noch was dazulernen.
Und ich habe kürzlich gelernt, dass man sich die OIS auch anhören kann,
also im Podcast als Audio.
Und dazu drückt man unter einer Folge, die man gefunden hat, den Play-Button.
Und deswegen gibt es jetzt wieder eine Premiere im Eigenraum.
Ich spiele euch jetzt die Folge OIS 3002 vor und die hört sich so an.
Music.
Wahnsinn, oder? Schrecklich und schön. Wenn ich das jetzt auf Spotify rausbringe
und dann vermutlich in sehr kurzer Zeit sehr reich werde, Begehe ich dann eigentlich
nur Urheberrechtsverletzungen?
Oder gehören Zahlenfolgen allen Menschen?
Also wenn ihr verhindern wollt, dass ich ins Gefängnis komme,
dann zahlt einfach schön eure Steuern, denn dieser Podcast hier ist steuerfinanziert.
Obwohl, eigentlich habe ich ja noch nicht endgültig entschieden,
ob das hier Arbeit oder Freizeit ist, aber lassen wir das, das ist ein anderes
Thema. Zurück zur Mathematik.
Wir haben Experimente gemacht und die Menschen fragen sich natürlich immer,
was ist mit diesen Naturkonstanten?
Wie entwickelt sich sowas, wenn K groß wird, wenn N groß wird?
Wir haben ja manchmal ein, wie
soll ich sagen, von Unverständnis geprägtes Verhältnis zur Unendlichkeit.
Wenn ich zum Beispiel eine 3-Term-arithmetische Progression vermeiden will und
ich will eine unendlich große Menge erzeugen, also die Schranke jetzt einfach weglassen,
ich will, dass k unendlich groß wird und ich lasse zu, dass n unendlich groß wird.
Dann könnte ich zum Beispiel einfach anfangen mit 1, 2 und die 3 kann ich dann
natürlich nicht nehmen, also nehme ich mal die 4.
Dann habe ich also 1, 2, 4 und ich will die Menge jetzt immer weiter vergrößern,
sodass ich garantiert keine 3-Term-arithmetische Progression dabei habe.
Da könnte ich also einfach immer die letzte Zahl verdoppeln.
Das wird auf jeden Fall klappen.
Wenn ich jetzt nämlich zu meiner 1, 2, 4-Folge noch die 8 dazu nehme,
bin ich auf jeden Fall safe. Die ist viel zu groß.
Und dann als nächste Zahl nehme ich die 16 und dann nehme ich die 32.
Und da werde ich keine arithmetische Progression der Länge 3 drin finden in dieser Folge.
Aber die Schranke wächst natürlich ziemlich schnell.
Also ich habe jetzt eine exponentielle obere Schranke. Ich musste immer wieder
die doppelte Zahl nehmen und die Menge, die ich dann konstruieren würde,
die ist zwar unendlich groß,
aber in den natürlichen Zahlen ist sie ziemlich dünn gesät.
Also fast keine natürliche Zahl ist eine Zweipotenz und fast keine natürliche
Zahl kommt in meiner Menge, meiner arithmetischen, progressionsfreien Menge vor.
Und da fragt man sich natürlich, ob man das nicht irgendwie besser machen könnte.
Wie dicht kann man denn so eine Menge packen?
Und die Dichtheit oder Dünnheit, so eine Auswahl, die misst man normalerweise
in der Zahlentheorie, indem man vergleicht, wie viele Zahlen von den ersten
n natürlichen Zahlen ausgewählt wurden.
Also genau dieses k, aber im Verhältnis zu n.
Meine Konstruktion eben hat die Eigenschaft, dass wenn ich die Anzahl ausgewählter
Zahlen durch n teile, dass es dann für wachsendes n sehr schnell gegen 0 geht.
Also die Anzahl ausgewählter Zahlen geteilt durch die Anzahl zur Verfügung stehen,
in der Zahlen geht es sehr schnell gegen 0.
In meinem konkreten Beispiel, als wir gerechnet haben, hatte ich aber von 9
Zahlen, 1 bis 9, 5 ausgewähltes, mehr als die Hälfte.
Könnte man sich also fragen, ob man vielleicht irgendwie sowas wie immer die
Hälfte der Zahlen auswählen kann?
Kann ich aus den ersten 1000 Zahlen auch, sagen wir mal, 500 auswählen,
die keine 3-Therm-arithmetische Progression enthalten?
Stellt sich raus, die Antwort ist nein. Und die Frage haben sich aber schon
1936 Erdisch und Turan gestellt und dieses Problem untersucht.
Und ihre Vermutung war, dass wenn ich mir irgendeinen fixen Bruchteil vorgebe,
also zum Beispiel n halbe oder n tausendstel oder auch n zehntausendstel,
dass dann für hinreichend großes n ich immer eine dreithermarithmetische Progression finde.
Also nehmen wir mal ein großes n, oder nehmen wir erstmal einen großen Faktor.
Wenn ich 1.000 n betrachte und ich sage jetzt, ich will eine Menge ohne 3-Term-arithmetische
Progression finden, die 1.000 der ersten n natürlichen Zahlen benutzt.
Das hängt jetzt immer noch für ein n ab. Und wenn ich jetzt das n größer werden
lasse, dann werde ich nicht erfolgreich sein. Es gibt eine Grenze,
ab der ich immer eine dreithermarithmetische Progression finden werde.
Oder noch anders gesagt, wenn ich eine Menge ohne dreithermarithmetische Progression
auswählen will, dann kann ich für großes N immer weniger Zahlen auswählen, also im Verhältnis zu N.
Diese Vermutung ist also von 1936 und wurde 1953 bewiesen von Klaus Roth.
Klaus Roth war ein jüdischer Mathematiker, der 1933 als Kind vor den Nazis nach
England fliehen musste und dort bestritt er dann seine Ausbildung,
seine Karriere und 1953 erzielte er den Durchbruch in einem Paper,
das heißt On Certain Sets of Integers,
also zu Deutsch hat es diesen schönen genialen Understatement Titel,
über gewisse Mengen von Zahlen.
Das Paper, das der Durchbruch war, hieß einfach über gewisse Mengen von Zahlen.
Rot war überhaupt so ein genialer Problemlöser. 1958 hat er auch die Fields-Medaille gewonnen.
Und in der Laudatio wird auch diese Arbeit erwähnt. Also es war wirklich ein Durchbruch.
Die zweite Fields-Medaille in dem Jahr ging übrigens an René Thom für algebraische
Topologie. Aber das nur am Rande.
Also jedenfalls hat Rot bewiesen, mit analytischen Methoden,
dass in der Tat jede hinreichend Dichte, also gemessen in welcher Anteil an
den ersten n-natürlichen Zahlen ist in meiner Menge,
und hinreichend große Teilmenge der ersten n-natürlichen
Zahlen immer eine dreithermarithmetische Progression enthält.
Man kann also nicht zu große oder zu dichte Mengen finden, die keine dreithermarithmetische
Progression enthalten.
Aber damit hört so eine Geschichte in der Mathematik natürlich nicht auf.
Die Geschichte hört sowieso nie auf, ist ja alles progressiv in der Mathematik.
Aber man kann sich solche Fragen immer noch allgemeiner stellen oder noch genauer stellen.
Also genauer würde bedeuten, noch genauer herauszufinden, wie das Verhältnis
zwischen den Größen der Mengen und dem n ist.
Und allgemeiner, da könnte man die 3 noch aufweichen.
Also statt einer 3-Term-arithmetischen Progression könnte man ja auch nach einer
4-Term-Progression fragen oder nach 5-Term-Progression oder nach einer 6-Term-Progression.
Enthält zum Beispiel jede solche hinreichend dichte Menge mit so einer positiven
Dichte eine beliebig lange arithmetische Progression?
Da ist es also jetzt die 3 noch durch eine beliebige Zahl L.
Und tatsächlich ist auch das wahr.
Es hat noch einige Durchbrüche gedauert, bis das bewiesen werden konnte.
Das war in den 70er Jahren vom ungarischen Mathematiker Semeredi.
Und diese Arbeit von 1975 enthält vielleicht das berühmteste Lemma der Mathematik.
Ein Lemma ist ja ein kleiner Hilfssatz, der eigentlich nur zu dem großen,
wichtigen Resultat hinführt und irgendwie eine technische Sache auslagert,
damit man in seinem Beweis mehr Struktur hat.
Aber manche dieser Lemmata sind dann die eigentliche Einsicht.
Setzen sich dann unabhängig durch. Und so ist es auch mit diesem Regularitätslehmer von Simeredi.
Über das könnte man durchaus mal eine eigene Folge machen. Das hat dann große
Auswirkungen gehabt in der Graphentheorie und noch vielen anderen Gebieten der Mathematik.
Dafür hat Semredi dann den Abel-Preis bekommen, also den anderen großen Preis
der Mathematik. Aber das ist nicht das heutige Thema.
Diese ganze Suche nach Mengen ohne oder mit arithmetischen Progressionen ist
dann ein eigenes Gebiet der Mathematik geworden.
Also aus dieser einfachen Grundschulmathematik.
Was passiert eigentlich mit Folgen von Zahlen, die immer den gleichen Abstand haben?
Ist ein Gebiet der Mathematik geworden, was man die additive Kombinatorik nennt.
Und die Geschichte geht immer weiter. Die Resultate von Roth und Simredi betreffen
ja Mengen positiver Dichte.
Also wenn ich Mengen auswähle, die immer die Hälfte der ersten n-natürlichen
Zahlen enthalten, dann kann ich das nicht tun, ohne arithmetische Progression
bliebiger Länge einzubauen, wenn dieses n wächst.
Und kann man sich ja natürlich fragen, was ist mit anderen Mengen,
mit noch kleineren Mengen? Enthalten die vielleicht auch arithmetische Progression?
Und eine wichtige Menge, die in der Mathematik ja sehr beliebt und viel studiert
ist, ist zum Beispiel die Menge der Primzahlen.
Die Menge der Primzahlen hat keine positive Dichte.
Der Anzahl der Primzahlen zwischen 1 und n verhält sich ungefähr so wie n durch
log n und da log n immer weiter wächst, wird also der Anteil der Primzahlen
unter den Zahlen von 1 bis n immer kleiner, wenn n größer wird.
Also der Anteil wird kleiner, wenn n größer wird.
Aber jetzt kommt der Hammer. Auch die Primzahlen enthalten beliebig lange arithmetische Progressionen.
2004, also in diesem Jahrtausend, haben Ben Green und Terry Tao das bewiesen.
Also jetzt mal ganz konkret. Der Fakt ist, wenn ich 19 Primzahlen finden will,
die alle den gleichen Abstand voneinander haben, also die.
In der Form sind erste Primzahl plus Konstante ist wieder eine Primzahl,
plus zweimal die Konstante ist wieder eine Primzahl, plus dreimal die Konstante
ist wieder eine Primzahl und dann 19 hintereinander, die alle den gleichen Abstand
haben. Dann ist das möglich.
Ich werde solche Primzahlen finden. Den Abstand kann ich mir natürlich nicht
aussuchen, aber ich werde 19
hintereinander folgende Primzahlen in arithmetischer Progression finden.
Ich könnte mir aber auch 19 Millionen Primzahlen wünschen, die in arithmetischer
Progression sind und auch die werde ich finden.
Es gibt 19 Millionen Primzahlen in arithmetischer Progression.
Ich kann mir nicht wünschen, was der Abstand ist.
Der wird sehr groß sein und ich werde sie nie in der Praxis finden, aber es geht.
Der Satz ist nicht konstruktiv, es ist nur ein Existenzsatz,
aber trotzdem irgendwie verblüffend, oder?
Die Suche nach solchen Progressionen kann man natürlich dann auch wieder als
ein Gebiet der experimentellen Mathematik auffassen und sich damit beschäftigen.
Da gibt es auch so Citizen-Science-Projekte. Es gibt ja überhaupt alle möglichen
Suchen von Primzahlen mit bestimmten Eigenschaften, möglichst groß,
möglichst klein, möglichst paländromisch oder was weiß ich, was man für Primzahlen
suchen kann und so kann man auch Primzahlen suchen, die in arithmetischer Progression sind.
Da gibt es das Projekt Prime Grid, das ist auch so ein Internetspende-Deine-CPU-Zeit-Projekt,
was irgendwie nach Primzahlen mit bestimmten Eigenschaften sucht.
Und ich glaube, der Rekord ist, 27 Primzahlen in arithmetischer Progression zu finden.
Der Startpunkt dieser Folge von 27 Primzahlen in arithmetischer Progression
ist so ungefähr 224 Billiarden,
584 Billionen, 605 Milliarden, 939 Millionen, 537.911, was ja bekanntermaßen eine Primzahl ist.
Und dann ungefähr immer alle 1,8 Milliarden weiter, 26 Schritte lang.
Und ja, das ist also eine arithmetische Progression von Primzahlen der Länge 27.
Und meiner Kenntnis nach ist das die längste, die bekannt ist.
Auch diese Folge findet sich natürlich in OIS und ich verlinke sie euch in den Shownotes.
Und das mit den Primzahlen hat die Menschen natürlich doch irgendwie nicht losgelassen.
Die haben ja nicht diese vorgesehene Dichte, die sind dünn auf dem Zahlenstrahl.
Und trotzdem haben sie diese Progression. Und welche anderen dünnen Mengen haben diese Eigenschaft?
Und um das zu verstehen, muss man diese ganze Semiredi-Maschinerie noch besser
verstehen und dann immer weiter drehen und dann gibt es immer mal wieder Fortschritt.
Und den Fortschritt gibt es auch jetzt noch.
Rhodes Paper hatte ja den völlig Understatement-Titel On Certain Sets of Integers.
Und auch in diesem Jahr, 2024 im Februar, erschien auf dem Archive mal wieder
so ein Titel mit einem Understatement drin von Lang, Saar und Saarney.
Die haben ein Paper gepostet, das heißt Improved Bounds for Semeredis Theorem,
also einfach nur verbesserte Schranken in Semeredis Theorie.
Und das Papier zeigt nun ein neues Resultat, dass die Größe einer Menge,
die keine K-Term-Progression enthält, nur auf eine bestimmte Art wachsen kann.
Sie ist kleiner als n durch e hoch log n hoch Konstante.
Tja, und das ist ein großer Durchbruch. So sehen heutzutage die Verbesserungen
aus, die dann abgefeiert werden in der Zahlentheorie.
Und so geht es natürlich immer, immer weiter, auch fast 90 Jahre nach der ersten
Vermutung von Erdisch und Turan und den ersten Überlegungen zu solchen arithmetischen
Progressionen, die vielleicht noch viel weiter zurückgehen.
So, dann haben wir mal wieder fast 100 Jahre überspannt.
Das soll es gewesen sein mit Folge 42 vom Eigenraum.
Ich bin auch ganz ohne Anspielungen auf Per Anhalter durch die Galaxis durchgekommen,
bin ich eigentlich mal ganz froh. Wenn ihr bis hier durchgehört habt,
dann freue ich mich natürlich.
Schickt doch irgendein Zeichen auf einem unserer Social Media Kanäle.
Da hätten wir verschiedene im Angebot. Ich empfehle immer gerne Mastodon,
denn das ist ein freies soziales Netzwerk, in dem wir selbst die Kontrolle haben
und das nicht an irgendeinen Milliardär verkauft werden kann,
der damit dann irgendwas macht.
Und ja, letztlich hat Blue Sky wieder einige Traktionen erhalten.
Deswegen habe ich auch mal wieder auf Blue Sky ein paar Sachen gepostet.
Also ihr werdet den Eigenraum schon irgendwo finden, wo ihr ihn sucht.
Und was sagt Gavin Kallmeier immer?
Kommentiert doch, wenn ihr bis hierher gehört habt, mit einem überraschenden
Emoji irgendwo auf einer Plattform, die ihr wollt.
Wenn es euch gefallen hat, abonniert die Glocke, gebt 5 Sterne.
Ich weiß eigentlich gar nicht, was das bedeutet und wie das geht.
Aber ihr seid jung, ihr wisst das bestimmt. Und das ist dann ganz bestimmt gut für diesen Podcast.
Und ein Podcast ist doch kein Podcast, wenn man nicht sowas am Ende sagt, oder?
Also, das soll es gewesen sein. Bleibt unserem kleinen Indie-Kanal hier gewogen.
Und schaltet auch nächstes Mal wieder ein. Macht's gut. Tschüss.
@eigenraum_folgen_feed eine schöne Folge, Danke. Lustig, wie Mathematiker aus Lust an formalen Strukturen aus Nichts ein sich immer weiter verzweigendes Problem machen.
Ich habe dennoch nicht verstanden, ob sich die Progression aus der Addition mit immer dem gleichen Wert ergibt oder wahlweise (?) auch aus der Addition mit einem Produkt (x*y) … ?
Die arithmetischen Progressionen in dieser Folge betreffen ausschließlich die Addition mit immer dem gleichen Wert und keine (in der Grundschule auch beliebten) Vorschriften wie „immer abwechselnd +2 und *2“.
P.S. Das war der erste ActivityPub Kommentar. Danke auch dafür und mal sehen, ob meine Antwort durchkommt 🙂
@eigenraum_folgen_feed
Schizophren, aber cool.
@eigenraum_folgen_feed ja, durchgekommen und danke, ich hatte beim Hören irgendein Beispiel wahrgenommen, wo die Erhöhung um einen Faktor… erfolgt. Aber dann habe ich das Prinzip verstanden, prima